Rede von Daniel Protzmann zur Verabschiedung der Haushaltes 2013

15.12.2012

Rede von Daniel Protzmann
Fraktionsvorsitzender der FDP
in der Gemeindevertretung Großkrotzenburg,
zur Verabschiedung der Haushaltes 2013
anlässlich der Gemeindevertretersitzung am 14. Dezember 2012
-Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren,

die finanzielle Situation unserer Gemeinde ist katastrophal. Absehbar kann unsere Gemeinde im kommenden Jahr einen vorübergehenden Schuldenhöchststand von 35 Millionen Euro erreichen, wenn man langfristige Darlehen und kurzfristige Kassenkredite zusammenrechnet. Die Rückforderung von 10 Millionen Euro Gewerbesteuern, die uns seit letzter Woche bekannt ist, hat uns in den letzten Tagen zwar stark beschäftigt und wird unsere Gemeinde bis zur Genehmigung des Haushaltes weiter in Unruhe versetzen.
Wenn man diese Rückforderung aber im Detail betrachtet, ändert sie unsere Situation nur geringfügig. Denn von 10 Millionen Euro Gewerbesteuern, die wir erhalten haben, mussten wir etwa 60% an Kreis, Land und Bund abgeben. So schlimm sich eine Rückzahlung von 10 Millionen Euro im kommenden Jahr auch anhört, so stehen dieser Ausgabe eine Einnahme bei der Gewerbesteuerumlage in Höhe von knapp 1,7 Millionen Euro sowie eine zu erwartende Verringerung der Kreis- und Schulumlage von ebenfalls 3,6 Millionen Euro entgegen, wie es die Zahlen der Verwaltung ausweisen. Für das Jahr 2014 ergibt sich durch Einmaleffekte eine weitere „Ergebnisverbesserung“ – sofern man davon sprechen kann – von etwa 2,2 Millionen Euro. Rechnet man all das gegeneinander auf, ergibt sich eine Belastung von 3 bis 4 Millionen Euro für die Gemeinde.
Sehr geehrte Damen und Herren, auch 3 bis 4 Millionen Euro zusätzliche Verschuldung sind schlimm und lassen sich nicht schönreden. Betrachten wir aber das strukturelle Defizit, das unsere Gemeinde derzeit aufweist, so beschleunigt das den finanziellen Niedergang unserer Gemeinde nur um etwa anderthalb Jahre. So sah der Entwurf des Gemeindevorstandes ein Jahresdefizit von 3,3 Millionen Euro vor, das durch die heute endgültig zu beschließenden Änderungen wahrscheinlich auf etwa 2,2 Millionen Euro gedrückt werden kann.
Einen Schluss kann man aus der Rückforderung ziehen: Einnahmen aus der Gewerbesteuer sind unsicher und sollten künftig erst ausgegeben werden, wenn der endgültige Steuerbescheid eingetroffen ist. Dies gilt umso mehr für Großkrotzenburg, da wir vor allem von einem Gewerbesteuerzahler abhängig sind bzw. waren. Gleichzeitig sollte uns die aktuelle Diskussion eine Mahnung sein, das strukturelle Defizit unserer Gemeinde endlich in den Griff zu bekommen und unsere Ausgaben den relativ sicheren Einnahmen beispielsweise aus den Einkommensteueranteilen anzupassen.
Damit möchte ich auf die Erfolge zu sprechen kommen, die wir als FDP-Fraktion mit diesem Haushalt für uns verbuchen möchten. So hat der Gemeindevorstand bereits beim Haushaltsentwurf vorgeschlagen, den freiwilligen Polizeidienst einzustellen, wieder Gebühren für die Nutzung der Gemeindebücherei zu erheben und mittelfristig über eine Trennung vom Oberwaldstadion nachzudenken. All das hat die FDP bereits in den vergangenen Jahren beantragt, war damit bislang aber immer im Haupt- und Finanzausschuss gescheitert. Dies sind keine Erfolge, weil es uns Spaß macht, Leistungen der Gemeinde zu streichen oder mit Gebühren zu belegen, sondern weil es angesichts einer jährlichen Defizits von zwei bis drei Millionen Euro einfach eine wirtschaftliche Notwendigkeit ist – oder geben Sie in jedem Monat 1000 Euro mehr aus, als Sie Gehalt beziehen?
In diesem Zusammenhang möchte ich auf eine weitere Notwendigkeit hinweisen, die wir als FDP seit Jahren sehen. Um endlich zu sehen, wo tatsächlich welche Kosten entstehen, müssen wir den Aufwand des Bauhofs endlich kostendeckend auf die anderen Produkte weiterverrechnen. Derzeit liegt der Satz der internen Leistungsverrechnung etwa 50% zu niedrig, so dass im kommenden Jahr ein Defizit von 470.000 Euro beim Produkt Bauhof stehenbleibt. Das bedeutet nicht, dass die Mitarbeiter im Bauhof schlecht arbeiten oder dass wir als FDP-Fraktion zwangsläufig eine halbe Million Euro beim Bauhof einsparen wollen. Im Gegenteil bedeutet dies dringend notwendige Transparenz für unseren Haushalt. In der Frage der Transparenz hat der Gemeindevorstand begonnen, eine weitere alte FDP-Forderung zu erfüllen: die Weiterverrechnung der Kosten, die für die Gebäudeunterhaltung entstehen. Für diese Weiterverrechnung möchte ich dem Gemeindevorstand einerseits danken, aber andererseits die Aufforderung damit verbinden, endlich ein Modell für eine realistische Weiterverrechnung der Kosten des Bauhofs vorzulegen.
Welche Schritte werden wir als Gemeinde gehen müssen, um unser Haushaltsproblem endlich in den Griff zu bekommen? Mit der Erhöhung der Grundsteuerhebesätze haben wir bereits begonnen, aber wenn wir einen Blick über den Tellerrand hinaus werfen, so ist klar, dass ein Hebesatz von 320 für die Grundsteuer B längst nicht das Ende der Fahnenstange ist. Nicht nur Kommunen, die am kommunalen Schutzschirm des Landes teilnehmen, nähern sich hier den 400 Punkten, wie Bürgermeister Engel ausgeführt hat. Wenn wir weitere Erhöhungen vermeiden wollen, müssen wir schnell Lösungen für die Bereiche finden, die uns jährlich mit größeren Summen belasten. Dazu gehört das Strandbad Spessartblick, das ein schnell Zuschussgeschäft in Größenordnung von mehr als 100.000 Euro pro Jahr ist, wenn nicht gerade ein Jahrhundertsommer eintritt. Dazu gehören auch die Seniorenwohnanlagen, deren Veräußerung wir bereits vor zwei Jahren beschlossen haben, den der Gemeindevorstand aber seitdem eher verzögert als vorantreibt. Über das Sportzentrum Oberwald hatte ich ja bereits gesprochen. Diese Liste ließe sich weiter fortsetzen, aber darauf verzichte ich an dieser Stelle.
Im kommenden Jahr werden wir unsere Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung fortsetzen und intensivieren müssen. Einige der unumgänglichen Maßnahmen hat ja mein Vorredner bereits genannt. Im kommenden Jahr müssen wir dabei zu weiteren konkreten und greifbaren Ergebnissen kommen, die die Gemeindekasse tatsächlich entlasten. Selbstkritisch gebe ich dabei zu, dass die FDP-Fraktion mit ihren Haushaltsanträgen an der ein oder anderen Stelle über das Ziel hinausgeschossen ist. Auf der anderen Seite jedoch möchte ich die Frage stellen, ob die CDU/SPD-Koalition bei strukturellen – nicht den einmaligen – Änderungen nicht hinter dem Möglichen oder Nötigen zurückgeblieben ist. Vielleicht können wir im kommenden Jahr gemeinsam Lösungen zur Rettung unserer Gemeindefinanzen finden? Den eingeschlagenen Weg, dabei auch die Bürger frühzeitig zu informieren, sollten wir weiterverfolgen, denn die Anzahl der Rückmeldungen ist relativ gut, wenn man sie mit “kalten Anschreiben” aus dem Marketing vergleicht.
Sehr geehrte Damen und Herren, um unseren Verpflichtungen nachzukommen ist es unumgänglich, den Kassenkreditrahmen zu erhöhen. Das wiederum bedingt eine Gegenfinanzierung der zusätzlichen Zinslast. Diesen Schritten werden wir uns nicht versperren, sondern sie mittragen. Das aber bedeutet leider nicht, dass wir dem Haushalt an und für sich zustimmen können. Am strukturellen Defizit haben wir zusammen kaum Änderungen erreicht, viele Einsparungen sind lediglich Verschiebungen von Maßnahmen, die uns irgendwann einholen werden. Ein Blick in die mittelfristige Finanzplanung zeigt, dass der Gemeindevorstand in den kommenden Jahren mit Defiziten von 2,5 bis 2,7 Millionen Euro plant. Ich hoffe, dass die jetzt notwendige Erhöhung des Kassenkreditrahmens von 13 auf 25 Millionen Euro nicht die Tür für eine weitere Verschuldungspolitik öffnet und werde den Gemeindevorstand bei den kommenden Haushaltsberatungen an der Marke von maximal 17,5 Millionen Euro Kassenkredit messen: die für dieses Jahr vorgesehenen 14 Millionen Euro plus 3,5 Millionen Euro, die sich aus der Steuerrückzahlung ergeben, wie ich vorhin ausgeführt habe.